Die Kombination von Design Thinking und agilen Methoden

 

Bienen können sich auf neue Nahrungsangebote einstellen, reagieren zügig auf sich ändernde Anforderungen, kennen keine Verschwendung und kommen immer sofort zur Entscheidung.

 

Wäre es aus unternehmerischer Sicht nicht schön, wenn es Möglichkeiten gäbe, mit denen wir Organisationen genau dahin entwickeln?

 

Auf dem Weg der Digitalisierung kommt man an Ansätzen wie Design Thinking und agilen Methoden wie z.B. Scrum nicht vorbei. Beide dürften den meisten Menschen bekannt sein. Doch lassen sich die Ansätze auch miteinander kombinieren und welche Potenziale ergeben sich daraus?

 

Der Grundgedanke, beide Ansätze miteinander zu kombinieren liegt auf der Hand:

Dynamische Märkte erfordern neue Arbeits- und Organisationsmodelle, die es den Unternehmen ermöglichen, mit Zuversicht auf Veränderungen zu reagieren. Kleinere Unternehmen können in der Regel schneller auf Veränderungen reagieren als größere Unternehmen. Für größere Unternehmen ist es daher besonders wichtig, geeignete Prozessmodelle zu finden, die es ihnen erleichtern, sich an verändernde Marktsituationen anzupassen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen und sich weiterhin erfolgreich am Markt zu etablieren, brauchen Unternehmen Innovationen und eine anpassungsfähigere Form der Produktentwicklung, um auf sich verändernde Umweltbedingungen schneller reagieren zu können. Ähnlich wie ein Bienenstaat.

 

Wir haben einen Produktentwicklungsprozess entwickelt, der sich auf die Grundprinzipien von Design Thinking und Scrum stützt. Im Fokus stehen dabei benutzer- und bedarfsorientierte Produkte und Dienstleistungen. Mit Design Thinking wurden in der Vergangenheit bereits Ansätze verfolgt, die auf diesem Prinzip basieren und sich leicht in bestehende Produktentwicklungsprozesse integrieren lassen. Kombiniert man dies nun mit agilen Methoden können menschliche Bedürfnisse in die Umsetzung eingebracht und in technische Eigenschaften übersetzt werden.

 

Beide Welten werden in Empagile vereint: Hier werden Teile des Human Centered Design (Empathie) und agile Methoden in einem Prozessmodell beschrieben.

 

 

Sehen wir uns die einzelnen Phasen von Empagile im Schnellverfahren an.

Das Prozessmodell führt durch drei Design-Phasen und endet in der agilen Phase für die Umsetzung.

Die ersten drei Phasen beantworten die Fragen "Wo fangen wir an?" und "Beschäftigen wir uns mit dem richtigen Problem?". Die vierte Phase stellt eine nutzerorientierte, jederzeit anpassungsfähige Entwicklung sicher.

 

1. Empathie

Die Empathize-Phase kann beispielsweise durch einen Impulsvortrag eingeleitet werden. Ziel des Impulses ist es, Begehrlichkeit zu erzeugen und die Diskussion und den Austausch über das Themengebiet anzuregen. Die Phase gilt dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn das gesamte Team auf den selben Wissensstand zurückgreifen kann. Dieser erste Impuls wird nun als Basis verwendet, um Personas zu definieren, eine zukünftige Zielgruppe zu spezifizieren und einen möglichen Anwendungsfall zu finden.

Eine Persona repräsentiert eine Gruppe potenzieller, zukünftiger Kunden oder Nutzer und beschreibt die Verhaltensmuster, Normen und Werte dieser Zielgruppe. Jede Persona wird in eine Customer Journey Map über einen definierten Zeitraum überführt.

Die Customer Journey Map veranschaulicht die Interaktionen potenzieller Nutzer mit dem zukünftigen Produkt oder der Dienstleistung. So entsteht in der ersten Phase ein tiefes Verständnis für zukünftige Nutzer und Kunden.

 

2. Ideen

In der Ideate-Phase geht es um die Generierung von Ideen. Um die Problemstellung korrekt zu definieren, ist es notwendig, vorab eine "Wie könnten wir..."-Frage zu entwickeln. Dieser sogenannte "Point of View" dient als zentrale Fragestellung für alle weiteren Aktivitäten. Das darauf folgende Brainstorming wird iterativ in kleineren Gruppen durchgeführt. Verwandte oder ähnliche Ideen werden in Themengruppen, sogenannte Suchfelder, zusammengefasst, die wiederum die Grundlage für das weitere Brainstorming bilden. Potenzielle Ideen werden anschließend skizziert, beschrieben und in einem kurzen Ideen-Pitch dem Rest des Teams vorgestellt. Somit wird sichergestellt, dass alle ausgewählten Ideen dem gesamten Team bekannt sind.

 

3. Validierung

Die Validierungsphase umfasst die Entwicklung von einfachen Prototypen, auch "Pretotyping" genannt. Die iterative Weiterentwicklung und sukzessive Validierung der Prototypen mündet in grobe Konzepte. Dieser Schritt eignet sich dazu, potenzielle Nutzer und Stakeholder zu einem frühen Feedback einzuladen, um die Konzepte auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Das endgültige Konzept wird dann in einem Concept Pitch vorgestellt. Je mehr Details bekannt sind, wie eine Idee realisiert werden kann, desto weniger Änderungsschleifen sind für die agile Umsetzung erforderlich.

 

Alle Design Phasen sind iterativ und können wiederholt werden, bis sich ein finales Konzept herauskristallisiert.

 

4. Agile Umsetzung

Die Agile Delivery Phase dockt - falls bereits vorhanden - an bestehende agile Frameworks (SAFe, LeSS, Kanban, Scrum...) im Unternehmen an. Für kleine, unabhängige Teams verwenden wir ein iteratives Vorgehen nach Scrum, welches in Sprints durchgeführt wird. Ein Sprint ist ein Zeitraum mit einem festen Start- und Enddatum, in dem bestimmte Aufgaben erledigt werden müssen. Die Nutzeranforderungen werden nun in technische Eigenschaften übersetzt. Ein weit verbreitetes Instrument das zu dieser Informationsübertragung dient sind User Stories. Die vorgegebene Struktur ermöglicht, aus Kundensicht zu denken und Anforderungen zur Erfüllung der Aufgabe zu stellen. Akzeptanzkriterien geben einer User Story messbare Parameter, die den Grad der Erfüllung messen. Darüber hinaus können Informationen über die Priorität, den Komplexitätsgrad, die geschätzte Dauer und die verantwortliche Person hinzugefügt werden. Alle User Stories werden in einem Produkt-Backlog gesammelt. Für jeden bevorstehenden Sprint führen das Entwicklerteam, der Product Owner und ein agile Coach ein Sprint Planning durch, um das Ziel für den nächsten Sprint zu vereinbaren. In einem Sprint Backlog wird dabei festgelegt, welche Aufgaben im kommenden Sprint erledigt werden können.

 

Soviel zur Theorie. Doch wie macht sich der Prozess im Praxiseinsatz?

 

Erfahrungen aus der Implementierung

 

Empagile ist nun seit mehr als drei Jahren im Einsatz. Hauptanwendungsgebiet sind kleine Projekte, die Dauer erstreckt sich dabei von 3 Tagen (bei einmaliger Anwendung ohne Umsetzung) bis hin zu einem kontinuierlichen Betrieb des Prozesses über mehrere Monate.

 

Das Feedback unserer Kunden zeigt, dass sich der Ansatz insbesondere bei Erstanwendern der nutzerzentrierten Entwicklung bewährt hat: Empagile ließ sich sehr gut in die bestehende Projektinfrastruktur implementieren und wurde von den Anwendern als leicht umsetzbar beschrieben.

Als weiterer positiver Aspekt wurde die gesteigerte Vernetzung innerhalb des Unternehmens, die sich aus der multidisziplinären Zusammenarbeit ergab, genannt. Darüber hinaus konnten bei allen Anwendern Quick Wins mit überschaubarem Aufwand erreicht werden, mit denen auch anfangs zweifelnde Teilnehmer überzeugt wurden.

Der bisherige Einsatz zeigt, dass der Prozess wie gewünscht einen schlanken Leitfaden für eine benutzerzentrierte Entwicklung und deren Umsetzung bietet.

Darüber hinaus ermöglicht der Prozess, vorhandene Schnittstellen frühzeitig zu erkennen, Menschen zu begeistern und als Gestalter zu integrieren.

 

Empagile wurde 2017 auf der 21st International Conference on Engineering Design in Vancouver, Kandada, 2018 auf der NordDesign in Linköping, Schweden und auf der Design2018 in Dubrovnik, Kroatien präsentiert und wurde bereits in mehreren Fachartikeln erwähnt.

 

Wenn man also zukunftsfähige Arbeitsweisen zur Anwendung (oder einfach nur schnellstmöglich die 3 Buzzwords "innovativ", "agil" und "lean" ins eigene Unternehmen) bringen möchte, wir haben den passenden Prozess dafür!

 

Informiere Dich auch zum Thema Empagile@Scale,um Empagile auf die Gesamtorganisation anzuwenden

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Quelle:

Grashiller, M., Luedeke, T.F. and Vielhaber, M. (2017), “Integrated approach to the agile development with design thinking in an industrial environment”, Proceedings of the 21st International Conference on Engineering Design (ICED 17), Vol. 2: Design Processes | Design Organisation and Management, Vancouver, Canada, August 21-25, 2017, The Design Society, Glasgow, pp. 239-248.